Eine Eheleite im Juni

Am vergangenen Samstag, den 6. Juni 2015 haben sich zwei unserer Mitglieder getraut und sind den Bund der Ehe vor ihrer Familie, ihren Freunden und den Göttern eingegangen.

Bereits über einen längeren Zeitraum hatten die beiden auf den Stammtischen angekündigt eine Eheleite nach germanischem Vorbild zu vollziehen. Nun ist es so, dass die letzte originär vorchristliche Eheschließung schon einige Jahrhunderte vergessen ist und nicht viele Informationen erhalten geblieben sind. Das was überlebt hat, sind einige wenige Schriftstücke, maßgeblich aus Skandinavien und Island, sowie Brauchtum welchem man mitunter einen heidnischen Hintergrund nachsagt. Unser Paar hat sich also zusammen mit ihrem guten Freund und Blozleiter (welcher ebenfalls unserer Gruppe angehört) daran gemacht Informationen zu sammeln und ein neues Ritual nach altem Muster zu schaffen.

Um es vorwegzunehmen: meiner persönlichen Einschätzung nach ist die Eheleite äußerst gelungen. In erster und wichtigster Linie im Hinblick auf die Beziehung zwischen Braut, Bräutigam und Familie. Aber auch die Durchführung des Rituals war sehr gut gestaltet. Aufgrund der äußerst dünnen Quellenlage und der persönlichen Beziehung zwischen Göttern und Menschen, gibt es selbstverständlich kein richtiges oder falsches Hochzeitsbloz. Vielmehr müssen hier erst noch neue Möglichkeiten, ja Traditionen geschaffen werden. Um die Quellenlage aber für die Zukunft aufzubessern möchte ich euch schildern wie das Bloz abgelaufen ist.

Gefeiert wurde das Ritual auf einer größeren dreiecksförmigen Wiese, welche von zwei Seiten von Bächen umgeben war. An der spitz zulaufenden Ecke wurde ein reichhaltiger Altar samt Trinkhörnern, Brautgeschenken und rituellem Schmuckwerk aufgebaut. Besonders schön fand ich, dass einige Gäste Opfergaben mitbrachten und diese vor der Zeremonie am Altar niederlegten. Ein paar Meter vor dem Altar stand unser Feuerkorb um welchen sich der Kreis aus Brautpaar, Eltern und Geschwister schloss. Um diesen inneren Kreis herum bildeten dann der Altar und die Gäste einen äußeren Kreis.

Blozleiter und Schankmaid eröffneten die Zeremonie mit unserer klassischen Hammer- und Feuerweihe sowie Gesang. Es wurden drei Fackeln entzündet und den drei Phasen des Schicksals gewidmet, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ein Bezug zu den drei Nornen klang durch. Anschließend wurden die Götter, Odin und seine Frau Frigg, aber auch Freyr und Freya und die Göttin der Schwüre und Treue, Var, eingeladen an dem Fest teilzunehmen und dem Brautpaar ihren Segen zu schenken. Brot und Met wurden geweiht, jeder nahm sich ein Stück, der Rest wurde im Feuer geopfert. Als Geschenk erhielt das Brautpaar ein Familienhorn, graviert mit ihren Namen und einem Thorshammer. Das Horn wurde mit der Bitte an Njord, stets nur guten Trank hervorzubringen, gesegnet. Auf diese Weise wird es sicherlich lange in der Familie verbleiben.

Zum Abschluss des Rituals wurde gesumbelt, so wie es in unserer Gruppe üblich ist, mit drei Runden auf die Götter, Ahnen und Wesenheiten. Anschließend wurden die Eheringe geweiht und dem Brautpaar übergeben. Mit zwei schönen Ehegelübden schwor sich unser Paar ewige Treue. Sie besiegelten dies mit dem Austausch der Ringe und eines innigen Kusses. Zum Abschluss der Zeremonie wurde der Kreis geöffnet. Das Brautpaar positionierte sich nun vor dem Altar und wurde von den Gästen besucht. Es wurden Glückwünsche und Lebensweisheiten übergeben um daraufhin aus dem Sumbelhorn zu trinken.

Nach und nach, mit kleiner werden der Glückwunschschlange, leerte sich die Wiese und das Fest verlagerte sich in den angrenzenden Hof. Bei allerlei Leckereien, Getränken und guten Gesprächen und Unterhaltung dauerte diese Eheleite bis früh in den Morgen.

Dem Brautpaar ein Hoch und vielen Dank für diesen, auch als Gast, unvergesslichen Tag.